23 Jun Sommer-Ursprünglichkeit
Es ist 8 Uhr morgens an einem Junimorgen. Der Himmel ist bedeckt und grau – es hat die ganze Nacht geregnet.
Ich sitze in meiner Loggia und diskutiere mit meinem Schweinhund, ob „wir“ schwimmengehen sollten.
Es tut immer so gut! Aber es regnet immer noch und ich bin noch so müde von zuviel sommerlichem in der Gegend herumschwirren und danach unruhigem Schlaf in zu warmen Nächten.
Am Ende gewinne ICH mit knappem Vorsprung vor Madame Schweinehund, packe meine Sachen und radle an den Stadtparksee.
Aus dem Wasser steigt nur ein einzelner Mann- sehr hübsch anzusehen mit wohlgeformten Muskeln und ein paar Tattoos – ich geniesse den Anblick – auch das ist Sommer, wenn man die Menschen wieder unverhüllter und damit körperlicher wahrnimmt.
Dann bin ich alleine und lasse mich langsam ins Wasser gleiten.
Es ist nur ganz leicht kühl und sanft und ich fühle mich sofort entspannt und wohl.
Ich ziehe mir das Haarband vom Kopf und tauche ganz unter – schwimme bis zur Mitte des Sees.
Es regnet noch ganz leicht – kein Mensch ist da – ausser mir. Alles fällt in diesen Momenten von mir ab – ich fühle nur meinen Körper, das Wasser, die Luft, meine Bewegung, die Berührung des Wassers auf meiner Haut.
Ich fühle mich fliessend, frei, sinnlich – ursprünglich!
Ursprünglich- dieses Wort kommt mir… einfach wie ein Lebewesen, vielleicht sogar eher wie ein Tier in diesem Moment als wie ein Mensch.
Eine Entenfamilie zieht vor mir vorbei. Ich umschwimme sie, um sie nicht zu stören.
Fühle mich in diesem Moment wie ein Teil dieses schwimmenden Clans.
Ursprünglichkeit – während ich mich auf dem Rücken weiter durch den See gleiten lasse, lasse ich das Wort weiter in mir wirken. Ich weiss, dass es mich glücklich macht, wenn ich mich so fühlen kann. Wenn ich alleine bin in der Natur, wenn es egal ist, was ich trage, wie ich aussehe, was ich sage, was ich in meinem Leben sonst für Themen habe.
Und es ist der Sommer, der uns das schenkt, der uns fühlbarer und körperlicher in Kontakt mit der Natur bringt als jede andere Jahreszeit.
Im Sommer stehe ich mitten in der Nacht auf, um mich an meinen Lieblingsbaum zu lehnen und mich mit seiner Kraft und Stabilität zu nähren. Lege mich auf eine Wiese, solange bis mich die vielen kleinen Ameisen zu sehr traktieren. Versenke mein Gesicht in alles was blüht und duftet.
Spüre viel mehr von meinem Körper – was er braucht, wo er aufblüht, was er vermisst.
Geniesse die Umarmungen, das Lachen, die grössere Offenheit meiner Freunde.
Und dann wieder das Alleinsein…
Mich ruhig und ganz und lebendig fühlend, ziehe ich mich wieder an und fahre langsam durch den Park zurück nachhause. Je näher ich meinem Zuhause und damit auch wieder Strassen, Autos und Menschen komme, umso schneller kreisen wieder die üblichen Gedankenschleifen in meinem Kopf.
Ich atme bewusst tief durch – versuche dieses kostbare Gefühl, mich ursprünglich zu fühlen, noch so lange zu bewahren wie ich kann. Weil ich weiss, dass es mir eine innere Ruhe gibt. Eine Art Sicherheit, die daher kommt, dass ich mich mit dem verbunden fühle, wo ich eigentlich herkomme…
Wie schön – so einfach – einfach Sommer!